Wolcen - Path of Diablo 2.5? im Test

PC Windows

Als Wolcen - Lords of Mayhem damals angekündigt wurde, war ich schon direkt sehr neugierig. Ein an Diablo 2 angelehntes Action-Rollenspiel mit einer offenen Spielwelt und frei schwenkbarer Kameraperspektive, dazu noch entwickelt mit der CryEngine schien zu schön, um wahr zu sein. Und nun, ein paar Jahre später und zum Release der Version 1.0 ist es das einerseits auch. Schon während der Entwicklung hat man sich entfernt von der freien Kamera und der Open World. Resultiert ist ein immer noch sehr schönes Action-Rollenspiel in 3 Akten und mit ein paar kleineren Problemchen. 

Zuallererst sollte man den wirklich holprigen Start erwähnen. Mit Ende der Early Access Phase und dem Beginn von Version 1.0 vielen die Server anscheinend unter der Last der Spieler zusammen. Ich kam auch lange Zeit nicht in den Online-Modus hinein, weshalb ich mich auf den Offlinepart konzentriert habe. Das ist doppelt schade, da es in Wolcen eine strikte Trennung zwischen Online- und Offlinecharakteren gibt. Im Nachhinein mit meinem Charakterbuild aus dem Offline-Modus in den Mehrspieler starten ist also leider nicht möglich. Gut, es wurden leichte Erinnerungen an Diablo 3 und dessen Start wach. Aber was kann denn Wolcen nun inhaltlich bieten? 
 

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Im Kern fühlt sich Wolcen im ersten Augenblick tatsächlich wie ein Gameplay Nachfolger von Diablo 2 an. Die Grafik ist weitaus düsterer als bei Diablo 3, aber immer noch bunt und effektvoll genug, um sich von Path of Exile absetzen zu können. Spätestens, wenn man das Inventar öffnet, beziehungsweise einen Händler aufsucht, fühlt man sich als Diablo 2 Fan zu Hause. Aufbau der Läden und des Inventars und die Texte auf den Waffen sind direkt vertraut, wenn auch ein bisschen anders. So sehen wir teils andere Werte als den bekannten Rüstungswert, es wird aber relativ schnell klar, dass ähnlich wie bei den Konkurrenten das Equipment einen großen Einfluss auf die Fähigkeiten des Charakters hat. 
 
Doch nicht nur die Ausrüstung ist entscheidend. Anders als in anderen Spielen ist es hier unerheblich, ob wir zu Beginn Nahkämpfer, Fernkämpfer oder Zauberer nehmen. Einzig die Anfangswaffe wird dadurch festgelegt. Den Charakter und die Fähigkeiten, die dieser lernen kann, sind einerseits abhängig von der passiven Skillung auf einem riesigen Sphärobrett-artigen System und andererseits von der geführten Waffe und den damit ausgewählten und gelevelten Skills. Neue Talente lernt man nämlich nicht klassisch via Levelaufstieg, sondern über Items, die man findet oder bei einem Händler kauft. Mit der passenden Ausrüstung lassen sich diese Fähigkeiten dann auswählen und benutzen, und durch die Nutzung steigen sie wiederum im Level und setzen neue Perks frei, die etwa die Angriffskraft steigern oder die Abklingzeit verringern. 
 
Dadurch ergeben sich je nach Kombination des Handwerkszeugs die unterschiedlichsten Charakterbuilds. Starten kann man als Fernkämpfer, entwickelt sich aber später dann doch eher zu einer Art Barbar oder sogar Magier, wenn man denn möchte. Dahingehend hilfreich ist auch das riesige Fähigkeitenbrett, bei dem man mit jedem Levelanstieg einen Punkt verteilen darf. Das Brett lässt sich in drei Teile gliedern und diese drei Teile lassen sich jeweils frei drehen, sodass sich viele Möglichkeiten bieten, die richtige Skillung zu finden. Falls man mal unzufrieden ist, lassen sich die Punkte jederzeit im Menü zurücksetzen und komplett neu verteilen. Das ist auch mit den klassischen Charakter Werten wie Beweglichkeit oder Zähigkeit möglich. 
 

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Wolcen bietet also einen herrlichen Spielplatz zum Experimentieren mit unterschiedlichen Charakterbuilds. Diese kommen erheblich komplexer daher als bei dem casualartigen System, das Blizzard bei Diablo 3 verfolgt, aber dennoch viel einfacher als das vielschichtige System bei Path of Exile. Wolcen versucht hier einen Mittelweg zwischen Einfachheit und Vielfalt zu finden und macht seinen Job sehr gut. Spielerisch haben wir es mit klassischer Action-RPG Mechanik zu tun. Bewegen und Angreifen per Maus, später bis zu 5 Fähigkeitenslots und Ausweichen auf Leertaste sind die Movement Möglichkeiten, die sich dem Spieler darbieten. Dadurch kommt ein flüssiger Spielfluss zustande. Das Angriffsfeedback haut ebenfalls gut rein. Die Schläge und Zauber sind Wuchtig, man spürt die Angriffe an den Gegnern, und wenn man eine riesige Gegnergruppe mit einem Flächenzauber platt macht, fühlt sich das einfach gut an. 
 
Grafisch weiß Wolcen ebenfalls zu gefallen. Klar, die Cryengine war ja noch nie für schlechte Grafik und Lichteffekte bekannt. Und so verhilft sie auch Wolcen zu einem eigenen Look, der sich ebenfalls irgendwo zwischen Diablo 3 und dem düsteren Path of Exile ansiedelt. Charaktersystem weiß zu gefallen, die Kämpfe machen Spaß und grafisch ist es auch nah an einem Triple-A Titel. Dann muss doch alles super sein, oder? 
 
Naja, nicht ganz. Zum einen ist die Story irgendwie nebensächlich. Während sie im ersten der drei Akte noch an Fahrt aufzunehmen scheint, wurde sie im zweiten und dritten Akt immer mehr zur Nebensache. Gut, das muss auch nicht das Wichtigste sein, allerdings hatte ich mir hier irgendwie ein wenig mehr erhofft. Aber sei es drum, viel schlimmer sind da die eben schon angesprochenen Anfangsprobleme. Das hat mit dem zum Start einfach fehlenden Onlinemodus angefangen und ging dann mit einem ziemlichen Bugfest weiter. Trotz der langen Early Access Phase scheint Wolcen viel zu früh an den Start gegangen zu sein. 
 

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Da gibt es Grafikfehler in einigen Cutscenes oder den einen oder anderen Clipping Fehler. Aber am schlimmsten und ziemlich nervtötend waren für mich die teils nicht klickbaren Fledermäuse. Gerade im ersten Akt kommen die ziemlich oft vor und von Anfang an hatte ich den Bug, dass ich sie einfach nicht anklicken konnte. Als Fernkämpfer ziemlich doof, da diese Fledermäuse damit so gut wie nie tötbar waren. Aber not macht ja erfinderisch, und so habe ich seitdem immer eine Nahkampfwaffe dabei, mit der man einfach in die Luft schleudern kann und somit diese gift speienden Viecher wenigstens treffen kann. 
 
Auch hier muss man sagen, das ist kein riesiger Gamebreaker, darf aber einfach so nicht in einem fertigen Spiel passieren. Klar, die Entwickler hauen schon fleissig Patches raus, mir war es bei den ersten Updates jedoch immer noch aufgefallen. Hoffentlich kriegen die Entwickler die Kinderkrankheiten schnell in den Griff, denn sowas ist wirklich nervig. 
 
Die einzig englische Sprachausgabe des Spiels ist soweit in Ordnung, gewinnt jedoch auch keinen Oscar und kommt erst recht nicht an die genial vertonten Dialoge der Blizzard Spiele heran. 
 
Trotz allem ist Wolcen ein wirklich gutes Spiel geworden, das auch im Endgame zu gefallen weiß. Wenn man die Kampagne durchgespielt hat, kann man in einer Art Housing Aufgaben und Quests erledigen, um die Stadt Stormfall wieder aufzubauen. Der Modus ist vergleichbar mit dem Abenteuermodus von Diablo 3. Wollen wir Gebäude errichten, müssen wir auf Missionen gehen, um den Bau anzustoßen. All das kostet eine Menge Gold, weswegen man sich auf den Grind einlassen muss. Allerdings lohnt sich das auch, da man dadurch weitere Boni bekommt, wie etwa einen zusätzlichen Fähigkeitenslot. 
 
Insgesamt kann man als Diablo-Fan eigentlich nichts falsch mit Wolcen machen. Ja, das Spiel hat noch seine Macken und auch der Onlinemodus muss sich noch etwas einpendeln. Dafür sieht es wunderschön aus und sowohl das Skillsystem, als auch die Kämpfe wissen zu gefallen. Und zu einem Preis von ca. 30 Euro hat man hier eine Menge fürs Geld. Ich kann daher trotz der Probleme nur eine Empfehlung für Wolcen - Lords of Mayhem aussprechen. 
 
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