Stronghold 3 im Test

PC Windows

Als die Burgenbausimulation Stronghold vor einer Dekade erschien, schlug sie in der PC-Gemeinde wie eine Bombe ein. Zu Recht, denn das Spiel bot alles, was das Herz des Festen- und Mittelalterfans begehrt. Für Entwickler Firefly Studios stellte sich dieser Überraschungserfolg allerdings als Segen und Fluch zugleich heraus. Die Fans lechzten nach einem Nachfolger, das Pulver jedoch war weitestgehend verschossen. Es blieb nur die Option, das bewährte Konzept in moderne Polygone zu gewanden. Womit eine rasante Talfahrt begann.

Stronghold 2 strotze nur so vor Bugs und das darauf folgende Spin-off Legends ging, ob seines ungewöhnlichen Settings, geradewegs an der Zielgruppe vorbei. Mit dem insgesamt vierten Spiel der Reihe wird der Versuch unternommen, die, in den letzten Zügen liegende, Serie noch zu retten.

Stronghold 3 offeriert dem geneigten Strategiefan zwei Kampagnen - Militär und Wirtschaft. Bei ersterer handelt es sich um den obligatorischen Story-Modus. Der Wolf, gefallener Erzbösewicht des Originalspiels, kehrt zurück, um blutige Rache zu üben. Da der namenlose Gegenspieler inzwischen aber nicht mehr unter den Lebenden weilt, wird sein Sprössling, dessen Rolle ihr übernehmt, aufs Korn genommen. In einer Nacht- und Nebelaktion folgt ein Angriff auf die Familienfeste, welche, ob des Überraschungsmoments, im Handumdrehen fällt. Euer virtuelles Alter Ego sieht sich gezwungen, Haus und Hof zu verlassen - eine Flucht in die Wildnis scheint unabdingbar. Einst stolzer Burgherr, steht ihr, von einer Sekunde auf die andere, mit leeren Händen da. Nun heißt es, überlebende Truppen zusammenzutrommeln, eine brandneue, standhaftere Feste zu errichten und den Wolf ein für alle Mal vom Antlitz dieser Erde zu tilgen. Klingt vertraut? Wenig verwunderlich, kam das Original doch mit exakt derselben Geschichte daher.

Die, chronologisch nach der Hauptstory angesiedelte,  Wirtschafts-Kampagne kommt ebenfalls nicht ohne roten Faden und unpassend wirkende Zwischensequenzen im Comic-Stil aus. Hier schlüpft ihr in die Rolle der Lady Catherine, ihres Zeichens Gemahlin des Helden, und organisiert den Wiederaufbau einer, im Krieg gegen den Wolf zerstörten, Abtei. Dabei gilt es, bestimmte Rohstoffe in einer vorgegebenen Zeitspanne zu erwirtschaften und zuweilen auch, eure Siedlung vor Übergriffen durch wilde Tiere oder Banditen zu schützen. Klingt unspektakulär, offenbart sich jedoch als ausgesprochen unterhaltsam.

Bevor sich der angehende Burgherr in die Kampagnen stürzt, wartet ein Tutorial. Dieses bringt ihm das Platzieren von Gebäuden, die Kamerakontrolle sowie die Auswahl von Objekten näher. Leider endet die Einführung an diesem Punkt bereits. Die Funktion der zahlreichen Bauten und Militäreinheiten dürft ihr selbst herausfinden. Der beiliegenden Anleitung können diese elementaren Informationen übrigens auch nicht entnommen werden. Hier spart man zweifellos an der falschen Stelle.

Sobald ihr die Spielmechanik und die diversen Wirtschaftskreisläufe einmal verinnerlicht habt, funktioniert zumindest jener Teil des Spiels aber hervorragend. Um eure Leibeigenen bei der Stange zu halten, muss ohne Unterbrechung Nahrung, in Form von Frischfleisch, Käse und Brot, sowie Wohnraum bereitgestellt werden. Andernfalls wandert die Arbeiterschaft ab - mit fatalen und nachhaltigen Folgen. All diese Aufgaben gleichzeitig zu deichseln, erweist sich als durchaus anspruchsvoll - und dem Spielspaß absolut zuträglich. Zumindest für eine gewisse Zeit. Da der Aufbau der burginternen Wirtschaft niemals variiert, wird auch dieser Aspekt des Spiels bald langweilig. Highlights und unerwartete Wendungen fehlen nahezu - einzig die verschiedenen Zufalls-Events bescheren etwas Abwechslung. So werden beispielsweise sämtliche Rindviecher von einer Krankheit befallen, was einen sofortigen Rückgang der Käseproduktion nach sich zieht. Oder in der Siedlung bricht eine Seuche aus, die einen großen Teil der Bauern dezimiert. Interessanterweise wirkt sich sogar das Wetter auf eure Wirtschaft aus - bei strahlendem Sonnenschein agieren die Bewohner produktiver als bei Regen.

Der Kern eines jeden Stronghold ist natürlich der Bau, die Eroberung und die Verteidigung von Festungen. Und hier versagt Teil 3 auf der ganzen Linie. Zunächst hindert euch das Spiel oftmals daran, vollständige Burgmauern zur errichten, da die Platzierung einzelner Elemente, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, verwehrt wird. So passierte es mir oft, dass eine, durch feindliche Katapulte verursachte, Bresche nicht geschlossen werden konnte, obwohl an derselben Stelle zuvor ein Mauerteil stand! Zudem lassen sich Gebäude vor dem Bau nicht horizontal drehen, was mitunter zu einer ungünstigen Platzierung führt. So ist es beispielsweise unmöglich, eine Kaserne mit ihrem Ausgang zum Burgtor aufzustellen. Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Sammelpunkte kann dies ein großer taktischer Nachteil sein.

Überhaupt fehlen Stronghold 3 viele Bedienelemente, die seit Jahren als Genrestandard gelten. Die Minimap lässt sich beispielsweise weder zoomen, noch könnt ihr euren Einheiten hierüber Marsch- oder Angriffsbefehle geben. Den Vogel schießen Firefly Studios allerdings mit der Farbkodierung ab. Ich denke nicht, dass mir je ein anderes Strategiespiel unterkam, in welchem die eigenen Verbände rot und die feindlichen Divisionen blau dargestellt werden. In der Hauptansicht funktioniert die Steuerung eurer Mannen ebenfalls nicht reibungslos. So seid ihr gezwungen, zur Auswahl eben jener nicht direkt auf sie, sondern etwa eine Cursorbreite entfernt zu klicken - was sich, vor allem in der Hitze des Gefechts, als äußerst hinderlich erweist. Erschwerend kommt hinzu, dass, aufgrund der völlig unzureichenden KI, gegnerische Verbände nicht automatisch angegriffen werden - selbst wenn sie einen halben Meter neben euren Leuten stehen. Wunderbar in das Gesamtbild passt dann auch, dass der genretypische Auswahlrahmen oft nicht sämtliche, ihn ihm befindliche, Truppen markiert.

Geradezu dilettantisch kommt die Benutzeroberfläche daher. So fehlen beispielsweise elementare Anzeigen, wie vorrätiges Holz und Steine. Ferner lassen sich Einheiten zwar gruppieren, eine Übersicht über jene Bataillone sucht ihr jedoch vergebens. Und um die aktuellen Nahrungsvorräte einzusehen, müsst ihr umständlich auf den Kornspeicher klicken. Unkomfortabler geht es kaum.

Positiv hervorzuheben sind die Belagerungen. Wenn die feindlichen Truppen in eure, raffiniert aufgestellten, Stachelfallen tappen oder von siedendem Pech übergossen werden, kommt Freude auf. Gesetz dem Fall, dass die Phsyikengine ausnahmsweise ihren Dienst verrichtet, macht es außerdem einen Heidenspaß, mit verschiedenen Belagerungsgeräten die Mauern des Feindes dem Erdboden gleichzumachen. Da sieht man für einen Moment sogar über diverse Logikpatzer hinweg. Zum Beispiel beobachtete ich oft, dass meine, auf den Zinnen wartenden, Lanzenträger ohne jegliche Gegenwehr das Zeitliche segneten. Keineswegs durch die tödlichen Pfeile überlegener Langbogenschützen, sondern vielmehr die Speere feindlicher Kollegen! Nicht minder merkwürdig mutet es an, wenn ein Rammbock versucht, ein geöffnetes(!) Burgtor aus dem Weg zu räumen. Die, in den Prequels noch vorhandene, Funktion, Selbiges nach Bedarf zu heben und zu senken, fehlt übrigens auch.

Beim Kampf auf offenem Feld greift bei Stronghold 3 das bewährte Stein-Schere-Papier-Prinzip. Und das nicht schlecht, zumindest in der Theorie. In der Praxis verhält es sich, KI- und Bedienprobleme sei Dank, allerdings anders. So stürmen beispielsweise Lanzenträger, nach dem Werfen ihres Speers, mit gezücktem Dolch todesmutig auf den Gegner zu, statt an Ort und Stelle zu warten, bis nachgeladen, sprich, ein neues Geschoss generiert wurde. Zusätzlich gestaltet es sich ausgesprochen schwierig, größere Truppenansammlungen zu bewegen, da sich die Geschwindigkeit sämtlicher Einheiten nicht der des langsamsten Gruppenmitglieds anpasst. So sprinten eure flinken Bogenschützen freudestrahlend in die Schwerter der feindlichen Ritter, während die eigenen Blechbüchsen einen Kilometer entfernt herumdümpeln. Dass dies zwangsläufig zu Frust führt - und nebenbei den Mehrspieler-Modus beinahe obsolet macht - muss nicht erwähnt werden. Apropos Multiplayer: Hier wird zumeist Altbewährtes geboten. Frische Modi sucht der Serienveteran mit der Lupe. Aufgrund massiver Balance-Probleme und zahlreicher kleinerer Bugs, empfiehlt es sich für Mehrspielerfreunde, zum aktuellen Zeitpunkt eher beim Vorgänger zu bleiben.

Optisch kommt Firelflys neuestes Werk reichlich altbacken daher. Die Wettereffekte bieten freilich Abwechslung und durch die raffinierte Umgebungsbeleuchtung wird eine angemessene Atmosphäre aufgebaut. Allerdings können die groben, schlecht animierten 3-D-Modelle und die niedrig aufgelösten Texturen der benötigten Rechnerleistung nicht einmal ansatzweise gerecht werden. Für einen PC-Exklusivtitel eine unzureichende Vorstellung. Im Gegensatz dazu steht die musikalische Komponente. Klirrende Schwerter wie einschlagende Katapultgeschosse klingen authentisch und auch die verschiedenen Sprachsamples kommen in angemessener Qualität daher. Ein besonderes Lob verdient die Hintergrundmusik. Nicht nur machen die neuen Stücke einiges her - es wurden ebenfalls diverse Tracks aus den Vorgängern übernommen. Und zwar vollkommen unverändert. Erfreulich, trotz der offensichtlichen Faulheit von Firefly.




Nico meint:

Nico

Stronghold 3 ist, zum aktuellen Zeitpunkt, ein Desaster. Aufgrund der zahlreichen Probleme kratzt der Titel beinahe an der Unspielbarkeit. Vor dem völligen Absturz rettet ihn einzig der gelungene Wirtschaftsteil. Hart gesottene Serien- oder Burgenfans werfen frühestens nach Patch Nr. 5 einen Blick auf dieses Machwerk. Für alle anderen gilt: Finger weg und zu einem der Vorgänger greifen. Blindkäufer bekommen, als kleines Trostpflaster, zumindest den Erstling gratis dazu. Na, wenn das nichts ist!

Positiv

  • tolle Hintergrundmusik
  • viele Einheiten und Gebäude
  • funktionierender Wirtschaftskreislauf

Negativ

  • Unzureichendes Interface
  • Katastrophale Einheitenkontrolle
  • Unmengen kleinerer Bugs
Userwertung
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  • von Verytex:

    Nun ist es amtlich: Die Stronghold 3: Gold Edition erscheint am 25. Mai im Handel. Die neue Box enthält neben der aktuellsten Version von Stronghold 3 zusätzliche Inhalte für die Einzelspielerkampagne der Burgenbau-Simulation. Zudem werden alle 12 historischen Belagerungen beigefügt, die bisher...

  • von Verytex:

    Passend zum Release.. yCaGW-5z3kE...

  • von Verytex:

    Der offizielle Stronghold 3 Thread. Wir wünschen euch viel Spaß beim Posten ...

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Stronghold 3 Daten
Genre Strategie
Spieleranzahl 8
Regionalcode regionfree
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2011-10-25
Vermarkter THQ
Wertung 4.2
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neXGam YouTube Channel
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