Street Fighter V Champion Edition im Test

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Die Ära Street Fighter V nähert sich seinem Ende. Nach der vorangegangenen Arcade Edition folgt nun das zweite Update und schaltet fast alle Inhalte frei, die sich über die letzten vier Jahre angesammelt haben.

Der Großteil der Champion Edition (CE) entspricht der zuvor veröffentlichten Arcade Edition (AE), die ich in einem ausführlichen Test beschrieben habe. Um einen Überblick über den allgemeinen Umfang an Einzel- und Mehrspielermodi zu erhalten, seien euch hier die Abschnitte »neue Spielmodi« und »für Singleplayer-Fans« ans Herz gelegt. Auch was das Kampfsystem und das grobe Meta angeht, blieb fast alles auf dem bekannten AE-Stand. 
 
Kommen wir erst einmal zu einem kleinen Überblick über den Inhalt. Innerhalb der bisherigen Lebensdauer hat sich das zu Beginn sehr spärliche SFV ordentlich gemausert. Aus den ursprünglichen 16 sind mittlerweile 40 Straßenkämpfer geworden. Aus den ersten 11 Schauplätzen 26 (plus ein paar Varianten). Noch mehr bietet Capcom, wie schon bei SFIV gesehen, bei Alternativkostümen. Rund 200 haben sich aktuell angesammelt, zuzüglich verschiedener Farbkombinationen. Ob das allerdings ein Vor - oder Nachteil ist, ist eher Geschmackssache, sobald 90% aller Kämpfe durch bspw. Kostüme mit Weihnachts- oder Oktoberfest-Thema kaum mehr ernstzunehmen sind. Ein klassischer (echter) 2D-Fighter, oder das alternativkostümlose Guilty Gear Xrd, ist da fast wie Urlaub. Hier möchte ich mal einen kurzen Vergleich der Gewichtung zu anderen der langlebigeren Kampfspiele dieser Generation machen. 
 

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KoFXIV (58 Kämpfer, 22 Arenen, 10 Kostüme)
 
GGXrdRev2 (25 Kämpfer, 22 Arenen, 0 Kostüme)
 
Smash Ultimate (88 Kämpfer, 108 Arenen, 48 Kostüme)
 
MKX (33 (mal drei verschiedene Kampfstile) Kämpfer, 14 (plus Varianten) Arenen, 84 Kostüme)
 
Die leicht angepassten 3D-Modelle sind zumeist die billigste Möglichkeit, den Käufern noch extra Geld aus der Tasche zu ziehen, weshalb Capcom wie bereits bei SFIV rigoros zuschlägt. Schon seit einer Weile ist der japanische Entwickler schmerzbefreiter als die meisten anderen innerhalb des Genres und lässt (deaktivierbare) Werbung oder Extrakostüme mit dem Logo eines Getränkeherstellers zu. Hier ist SFV Vorreiter für eine unrühmliche Entwicklung, der möglicherweise in der Zukunft immer mehr folgen werden. Wirklich unnötig und frech finde ich auch, dass wie bei der AE auf dem Datenträger lediglich das altbekannte SFV mitgeliefert wird. Alles andere bekommt ihr per Download. Willkommen in der modernen Videospielwelt.
 

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An dieser Stelle passt der Hinweis, dass bereits ein 20 Dollar teures Paket, Capcom Pro Tour 2020 Premier Pass genannt, mit zwei weiteren Kostümen für Gill und Lucia sowie zusätzlichen Farbkombinationen angekündigt wurde.
 
Kommen wir aber nun zum interessanten Teil. Denn, wie bei der Arcade Edition, geht die neue Veröffentlichung mit einer umfassenden Änderung der Spielbalance einher. Die meisten kämpferspezifischen machen einen durchdachten Eindruck und wirken willkommen. Den tatsächlichen Effekt müssen jedoch zukünftige Turniere zeigen. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass weiterhin viele verschiedene Charaktere auf hohem Niveau genutzt werden. Die gute Balance war bereits im Vorgänger ein besonders starker Punkt. Recht klar lassen sich hingegen die globalen Änderungen einschätzen.
 
Interessanterweise wurden Stun (bestimmt, wie schnell ein Kämpfer nach vielen Treffern in kurzer Zeit in einen mehrsekündigen wehrlosen Zustand übergeht) und Leben der Kämpfer um bis zu 50 bzw 25 Punkte erhöht. Nur ein paar, wie der besonders starke Akuma, gingen leer aus.
 

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Was in der dritten Season begann, dauert also fort, wie beispielsweise etwas längere Runden und weniger Schaden nach manchmal mit Glückstreffergeschmack behafteten Angriffen. Dafür wurden ja damals die nach einem Crush Counter oder der V-Trigger-Nutzung folgenden Combos prozentual abgeschwächt. Eine gute Entscheidung, doch einen zu großen Einfluss kann man davon nicht erwarten. Dazu gesellt sich ein nun auswählbarer zweiter V-Skill. Wir erinnern uns, dass es sich hierbei um eine Art Spezialangriff handelt, der mit simplem Druck auf die beiden mittleren Angriffstasten ausgeführt wird und bei Verwendung die V-Leiste ein wenig erhöht. Diese kann wie bekannt für die V-Trigger-Aktivierung, von denen es ja bereits zwei gibt, oder den V-Reversal aus dem Block heraus genutzt werden. Während der V-Reversal eine reine Defensivtechnik ist, schaltet der V-Trigger für eine begrenzte Zeit gewisse Spezialfähigkeiten, wie beispielsweise verstärkte Spezialangriffe, frei. Mit dem zweiten V-Skill verfügen nun viele Kämpfer über eine Technik unter anderem zum Kontern von Würfen, die momentan ein mächtiges Werkzeug sind. Obwohl auch hier zumeist die Gefahr vor den Crush Countern bestehen bleibt. Dazu später mehr. Aber nicht jedem nutzen sie gleichermaßen. Ohne weitere Patches wird bei manchen Charakteren, wie Chun Li, weiterhin nur ein V-Skill wirklich nützlich sein. 
 

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Das typische SFV-Gefühl ist noch immer vorhanden und jene, die die Ausrichtung seit Beginn nicht mochten, werden hier kaum besänftigt. Oft entscheidet nach einer saftigen Combo nur ein einziger Folgeangriff, ob man nach der darauffolgenden Angriffsfolge in den wehrlosen Stun-Zustand geht (Sterne sehen) und nach der Dritten auch schon besiegt ist. Das war bisher eher serienuntypisch und erinnert mich an das sehr offensive und unsichere Tekken, wo es aber immerhin keinen Stun gibt. Und mit dem zweiten V-Skill ebenso wirken die meisten Aspekte in SFV flacher und begrenzter als in Street Fighter 3 oder 4. In Verbindung mit den leichteren Combos unterscheiden sich auf den ersten Blick, zumindest bei einigen Charakteren, Kämpfe von Profis nicht wesentlich von jenen auf mittlerem Niveau.
 
An der Dominanz der Crush Counter-Normals hat sich ebenfalls nichts geändert. In SFV verursachen manche harten Schläge oder Tritte (Normals) enorm viel Hitstun, wenn sie ins Ziel gehen, während der Gegner gerade zum Angriff ausholen will (Counter Hit = Treffer in gegnerischer Startup-Phase). Optisch dargestellt wird dies durch ein gelbes Blitzen und Herumwirbeln des Gepeinigten. Hiernach kann fast immer noch eine saftige Angriffsfolge angeschlossen werden. Satter Schaden ist so garantiert. Wirklich schwierig ist das nicht und erfordert viel Respekt, wenn einer der beiden Kontrahenten in einen Framevorteil gerät.
 

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Trotz der reduzierten Defensivausrichtung bleibt genug vom altbekannten Street Fighter-Kampfsystem bestehen und methodisches Abtasten und das Spielen mit den verschiedenen Reichweiten ein tragendes Element. Allerdings gibt es in dieser Hinsicht mit Mortal Kombat 11 und vor allem Samurai Shodown 7 starke Konkurrenz, während Airdasher wie Guilty Gear Xrd oder Dragonball FighterZ noch exzessiver die Offensive betonen.
 
Technisch ist das SFV durchwachsen. Der Netcode ist häufig kein Garant für reibungslose Onlinekämpfe. Am schlimmsten ist, dass man weder die Region des gesuchten Mitspielers einschränken kann, noch, dass die Angabe der gewünschten Verbindungsstärke wirklich einen Einfluss auf das Ergebnis hat. Speziell bei Ranglistenkämpfen ist das ein ewiger Quell von Frust. Die Grafik ist durchaus ordentlich und bietet unter anderem starke Material- und Anatomiedarstellungen. Absurd verwaschene Objekte sind allerdings immer wieder zu entdecken und die »Physik« der Kleidungen ist viel zu zappelig. Clipping fällt kaum in einem anderen Kampfspiel so sehr auf und wird so ungeniert gezeigt. Einige Gesichter sehen gerade in der Siegesanimation etwas missglückt und fast schon gruselig aus. In manchen Situationen sind sie hingegen äußerst ausdrucksstark. Im Durchschnitt ist der Stil aber ganz gut zwischen Realismus und Comicstil angesiedelt und bietet Animationen und vor allem Trefferrückmeldungen auf sehr hohem Niveau. Optisch wie akustisch. Das mag eher nebensächlich klingen, doch tragen diese Punkte in Kampfspielen maßgeblich dazu bei, wie wuchtig und dynamisch das Spielgeschehen aussieht. Wenigstens hier kann es seinen ebenfalls dreidimensionalen Vorgänger übertrumpfen. Die Ladezeiten vor den Kämpfen und beim Wechsel verschiedener Modi sind leider noch immer besonders lang und bei praktisch jedem Genrekonkurrenten erträglicher.

Andreas meint:

Andreas

An meinem Fazit von damals hat sich wenig geändert. Das Kampfsystem von SFV hat seine Stärken wie bekannt beim Erlernen 2D-Kampfspiel-typischer Combos und Chancenverwertung. Den Gegner für eine unsichere Spielweise zu bestrafen war innerhalb der Serie nie so einfach und effektiv möglich. Dafür ist jedoch auch in der Offensive aus noch so kleinen Fehlern großer Schaden zu zaubern, was eine zuverlässige Defensive auf etwas höherem Niveau schwierig macht. Das Wurfsystem mit festem Kommando war in seinen beiden Vorgängern ebenso vorhanden. Durch das weniger einfache Starten von Combos in SFIII und dem Wurf-Abwehr-Trick in SFIV war das Herauslocken eines Wurfs des Gegners, mit dem eigentlichen Ziel, den des Angreifers aufzuheben, nie so mächtig. Der hier ins Leere gegangene Griff ist dann eine perfekte Vorlage für einen Combostarter. Wer das weder spaßig beim Spielen, noch schön anzusehen findet, ist bei SFV weiterhin fehl am Platz, da es eine riesige Rolle im Meta einnimmt. Bei der seit 2008 gewaltig erstarkten Kampfspiellandschaft ist das solide aber etwas durchwachsene Street Fighter V allerdings momentan schwach auf der Brust. Immerhin sind online noch viele Mitspieler unterwegs, was man nicht von jedem aktuellen Titel sagen kann.

Positiv

  • Gut zum Erlernen von Kampfspielgrundlagen geeignet
  • Hervorragende Trefferrückmeldungen und Effekte

Negativ

  • Alberne Kostüme zerstören leicht die Atmosphäre
  • Eher simples Kampfsystem
  • Durchwachsene Online-Erlebnisse
Userwertung
9.7 3 Stimmen
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Street Fighter V Champion Edition Daten
Genre 2D Beat ‘em Up
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode regionfree
Auflösung / Hertz 60 Hz
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2020-02-14
Vermarkter Capcom
Wertung 7.2
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