Street Fighter V Arcade Edition im Test

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Endlich ist es so weit. Die ewige Baustelle Street Fighter V ist mit dem Arcade Edition Upgrade in der Lage, sich auch abseits des Gameplays mit seinen Mitbewerbern vergleichen zu können. Weiterhin beginnt AE die dritte Saison, was mit der zweiten großen Änderung an der Charakterbalance und dem dritten Schwung zusätzlicher Kämpfer einhergeht. Die AE wird im Übrigen automatisch für Besitzer der Grundversion von SFV in Form eines üppigen Patches heruntergeladen. Damit sind auch zukünftig alle SFV-Spieler auf dem neuesten Stand.

Beginnen wir jedoch zuerst mit den neuen Spielmodi, mit welchen uns AE beglückt. Der bisher als für Kampfspiele obligatorisch angesehener Arcade-Modus erlebt erst jetzt bei SFV sein überfälliges Debüt. Immerhin kann gesagt werden, dass er hier etwas umfangreicher ausfällt, als bei vielen Konkurrenten. Man hat die Wahl zwischen Anlehnungen an alle bisherigen Hauptableger der Reihe - also I bis V sowie Alpha - die sich aber hauptsächlich über die verfügbaren Kämpfer, und die Abspann-Bildchen unterscheiden. Sagat wird jedoch erst in einigen Monaten verfügbar sein. Damit einher geht, dass der bedeutendste Kampf von SFI bisher nicht stattfindet. Auch sonst ist SFV weit davon entfernt, die wichtigsten Charaktere der einzelnen Episoden zur Verfügung zu stellen, was diese Unterteilung eher zu einem netten Gimmick macht. Erwähnen sollte man dabei noch, dass die Gegner KI auf dem hohen Schwierigkeitsgrad sehr gut und fast menschenähnlich kämpft. Für die neue Galerie lassen sich hier einige Bilder freispielen, was für zusätzliche Langzeitmotivation sorgt. Weiterhin gibt es den Extra Battle Modus, in welchem sich immer wieder ändernde Aufgaben bewältigt werden müssen, um exklusive Kostüme freizuschalten. Für offline Runden mit Freunden können Teamkämpfe im maximalen Umfang von fünf gegen fünf abgehalten werden.


SFV_AE_37Nach und nach hat sich SFV vom Prädikat "beinahe nicht für Singleplayer-Fans zu gebrauchen" zu einem sehr gut aufgestellten Kampfspiel entwickelt. Bereits vor der AE wurde SFV um einen recht gut gelungenen Storymodus mit dem Titel "A Shodow Falls" erweitert. Dieser folgt dem Netherrealms‘schen Konzept (Ab Mortal Kombat vs DC Univers bis in zu MKX und den Injustice Episoden), erreicht jedoch nicht dessen Niveau. Der immer noch frustrierende, weil vom Zufall abhängige, Survival-Modus sowie der übertrieben einfache Charakter-Story-Modus dürfen endlich das sein, was sie von Anfang an nur zu sein im Stande waren: nette Dreingaben für zwischendurch neben den gut gelungenen Singleplayermodi Arcade und A Shodow Falls.

SFV_AE_17Was das Gameplay angeht, werden Street Fighter-typisch eher klassische Genretugenden geboten. Dashes nach vorne und hinten, nur eine Art von Sprung (diagonal und neutral nach oben), Schläge und Tritte jeweils in drei Härtegraden, Würfe nach hinten und vorne und eine dreiteilige Super-Leiste. Wird sie geladen, sind EX Moves (stärkere Varianten normaler Special Moves) oder der Super Move ausführbar (wieder einmal nur einer pro Kämpfer). Neu in SFV war unter anderem die V-Leiste, die als Comeback-Mechanik die Ultra-Leiste aus Street Fighter IV beerbt. Sie ist zwei- oder dreiteilig und gewährt für einen Teil einen Befreiungsschlag aus dem Block heraus (V-Reversal) oder für die komplette Füllung die V-Trigger-Aktivierung. Sie kann zum Abbrechen von normalen Angriffen und damit zur Verlängerung von Combos genutzt werden. Außerdem stehen jedem Charakter für einen begrenzten Zeitraum individuelle Fähigkeiten zur Verfügung. Beispielsweise erhält Ryu besonders starke und aufladbare Hadouken während für Ibuki oder Urien exklusive Special Moves freigeschaltet werden. Neu in der Arcade Edition ist ein zweiter V-Trigger für alle Kämpfer. V-Skill (mittlerer Schlag und Tritt zusammen) ist ein individueller Special Move, der in offensiven Formen (manche sind auch nur Konter o.ä.) jedoch eher wie ein normaler Angriff gewertet wird. Seine Anwendung füllt die V-Leiste, die sich sonst nur durch genommenen Schaden erhöht. Neu in SFV war ebenfalls die Möglichkeit, sich nach den meisten Angriffen sowohl sehr schnell, leicht verzögert oder langsam wieder vom Boden zu erheben, um dem Liegenden mehr Spielraum zu geben.

SFV_AE_04SFV hat seit Veröffentlichung für sein Kampfsystem einige Kritik einstecken müssen. Diese kam hauptsächlich von erfahrenen Street Fighter IV aber auch SFIII Fans und lag in der Tatsache begründet, dass sich Capcom sichtlich bemüht zeigte, die Einstiegshürde für genreunerfahrene Spieler deutlich herabzusetzen. Ein Trend, der jedoch auch (unterschiedlich stark ausgeprägt) bei vielen Mitbewerbern zu sehen ist. Ergebnis ist die vollständige Abwesenheit komplizierter Spielelemente wie Focus Attack Dash Cancle oder Parry als auch solchen, die sich dem Spieler kaum intuitiv erschließen, wie Kara Cancel und Light Kick Throw Tech. Die Eingaben für Special Moves wurden teilweise vereinfacht und die Anzahl der Angriffe reduziert. Dass 2D Kampfspiele seit jeher allein wegen ihrer verschiedenen Combokonzepte (Link, Chain bzw. Target, Cancel, Rapid) oder Jugglepotentiale für Einsteiger alles andere als logisch verständlich sind, ändert sich jedoch auch hier nicht.

SFV_AE_20Dennoch weisen sowohl das grundlegende Gameplay als auch die einzelnen Charaktere weniger Tiefe auf, was die Einstiegshürden reduziert. Im Vergleich zu älteren Street Fighter Spielen sind die schwierigsten Link-Timings (Zusammenfügen zweier Angriffe zu einer Combo, ermöglicht durch ausreichend hohen Frame-Vorteil) dreimal länger. Dass Treffer - verteidigt oder unverteidigt - das Spielgeschehen sichtbar verlangsamen, erleichtert abermals das Ausführen von Combos und lässt sie für Street Fighter-Verhältnisse extrem langwierig werden (mit manchen Charakteren mehr als 20 Sekunden). Dem Spieler wird hier viel Zeit gewährt, um auf das weitere Geschehen zu reagieren und Combos weiterzuführen oder sicher zu beenden. Dadurch wird aber häufig ein recht träger Eindruck vermittelt. Wer also Street Fighter auch wegen seiner kürzeren, knackigeren Handgemenge schätzte, wird hier enttäuscht. Auch wurde die Anzahl von Chain-Combos (benötigen praktisch kein Timing und funktionieren etwa so wie viele Combos in 3D Kampfspielen oder Mortal Kombat) deutlich erhöht. Zusammen mit dem allgemein hohen Schadensniveau sollten sich Tekken Spieler fast schon heimisch fühlen. Aus kleinen Fehlern entstandene Combos fügen euch häufig mehr als ein Drittel der gesamten Lebenspunkte als Schaden zu.

SFV_AE_25Auch hatten leichte Angriffe oft so günstige Hitboxen, dass sie als perfekte Verteidigung gegen springende Gegner genutzt werden konnten. Hier hat Capcom in der AE aber etwas nachgebessert, um als "Anti Air" konzipierte Moves relevanter zu machen. Zusammengenommen stellt sich SFV innerhalb der aktuellen Generation an Kampfspielen als vielleicht eindimensionalster Vertreter auf. Während das Ausführen von Combos mit höchstmöglichem Schaden nur geringen Lernaufwand erfordert, verschiebt sich der Fokus eher auf das Bestrafen ins Leere gegangener Angriffe und Würfe. Sowie das Erhaschen von Counter Hits (ein Spieler wird im "Startup" eines Angriffs vom Gegner getroffen), welche schmerzhafte Combos ermöglichen und das effektive Unterdrucksetzen zu Boden gegangener Gegner. Durch V Trigger wurden die Charaktere immerhin etwas individualisiert, auch wenn sie häufig nur für erhöhten Comboschaden genutzt werden.

SFV_AE_31Um den Kämpfen genug Dynamik zuzugestehen, wird die Offensive in SFV stärker belohnt als zuvor. Allein der "graue Schaden", den der verteidigende Kämpfer durch normale Angriffe erhält, macht die Defensive riskanter. Der graue Schaden wird mit der Zeit negiert, wenn man eine gewisse Zeit keine Angriffe mehr blocken musste. Andernfalls wird der aktuelle graue Schaden zusätzlich zum regulären Treffer von den Lebenspunkten abgezogen. Zudem gibt es weniger Specials mit Unverwundbarkeit, wie Ryus klassischen Shoryuken, der hier nur in der EX Version als perfekter Konter fungiert. Backdashes gewähren nunmehr ausschließlich Schutz vor Würfen, nicht aber gegen andere Angriffe. Ein an SFIII angelehntes Prioritäten-System für normale Schläge und Tritte (Mittlere überbieten Leichte, Schwere überbieten Mittlere) stärkt, besonders in Verbindung mit dem Crush Counter, die Offensive ebenfalls maßgeblich. Crush Counter werden unter anderem in Counter Hit Situationen durch spezielle Angriffe ausgelöst (zumeist schwere Normals) und gewähren mehr Zeit um mit weiteren Angriffen zusätzlichen Schaden zu erzeugen. Als Abschwächung der Offensivbetontheit kann Blockschaden den Kampf neuerdings nur noch beenden, wenn er von einem Super Move verursacht wurde.

SFV_AE_03Eine geradezu großartige Neuerung findet sich im Trainingsmodus und während des Anschauens von Replays. Hier wird nun eine Visualisierung von Frame-Vor- und Nachteil bereitgestellt. Es ist also jederzeit zu sehen, welcher Spieler sich nach welchen Angriffen wie sehr im Vor- oder Nachteil befindet. Zwar gibt es im Spiel noch keine kompletten Frame-Tabellen der gesamten Charaktere (obwohl diese in offiziellen Capcom-Seiten nachzulesen sind) aber dies ist ein grandioses Element. Was hoffentlich Schule machen wird und den Rückstand zu den hervorragend dokumentierten westlichen Größen - Mortal Kombat X und Killer Instinct - verringert oder gar einholt. Die Menüführung wurde einem kleinen Facelift unterzogen und präsentiert sich in einem goldenen Look. Replays lassen sich jetzt komfortabler ansehen. Außerdem wurden die recht üppigen Ladezeiten vor den Kämpfen reduziert. SFV steht hier zwar immer noch nicht gerade vorbildlich da, ein angenehmer Fortschritt ist es dennoch. Zu vermissen bleibt weiterhin eine regional beschränkte Suche nach Onlinekämpfen.

Besonders stark präsentiert sich SFV, was die Charakterbalance angeht. War hier bereits SFIV hervorragend aufgestellt, so setzt SFV noch einmal nach. Beinahe jeder Charakter ist auf Turnierniveau in den Top 8 vorstellbar, was sicher auch durch das hohe Schadensniveau und die simpleren Charaktere begünstigt wird. Der Kader ist ebenfalls gut zusammengestellt. Sowohl bei den Evergreens als auch den komplett neuen Designs und lange verschollenen Underdogs hat Copcom ein gutes Händchen bewiesen, auch wenn nicht jede Neuauflage bekannter Charaktere besonders geglückt ist.

SFV_AE_27Street Fighter V läuft auf der Unreal Engine 4, vermeidet es aber auszusehen wie andere Kampfspiele, die ebenfalls auf ihr laufen (Dragonball FighterZ oder Tekken 7). Das Design ist nicht sonderlich realismusbetont, aber auch weit vom Manga-Look von Arc System Works-Titeln entfernt. Leider sind die Mimiken hier nicht immer gut gelungen und die Kleidungs- und Haar-Physik erzeugt viel Gezappel und Klippingfehler. Stilistisch wird also eher ein durchwachsenes Erlebnis geboten, obwohl es im Durchschnitt besser aufgestellt ist als SFIV. Auch bei den Animationen hat man sich sichtlich mehr Mühe gegeben. Wie auch schon bei Guilty Gear Xrd und in Ansätzen bei KoFXIV wird die Damenwelt wieder besonders sexualisiert dargestellt und zeigt viel nackte Haut und/oder besonders penetrant präsentierte Oberweite. Dezente Kleidung findet sich unter den oft zahlreichen Outfits der Mädels selten. Auch Capcom will also scheinbar die klassische Dead or Alive-Kundschaft versorgen.

 

 

Andreas meint:

Andreas

SFV ist besonders für Neulinge zu empfehlen. In praktisch keinem anderen Kampfspiel dieser Generation sind Combos derart einfach und das Gameplay so rudimentär. Dennoch greifen Veteranen dank der aktiven und vergleichsweise großen Spielerschaft zum neuesten Ableger der Reihe. Obwohl sicher kein anderer Street Fighter Vertreter die Fangemeinde so sehr in Versuchung führt, zu einem Genrekonkurrenten zu wechseln. Dank der deutlich umfangreicheren Ausstattung und einigen Detailverbesserungen kann man SFV nach dem Arcade Edition-Upgrade dennoch den meisten Spielern empfehlen.

Positiv

  • Hervorragende Charakterbalance
  • Visualisierbare Frame-Daten
  • Niedrige Einstiegshürden

Negativ

  • Flachere Charaktere und simple Spielmechaniken
Userwertung
7.25 6 Stimmen
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Street Fighter V Arcade Edition Daten
Genre 2D Beat ‘em Up
Spieleranzahl 2
Regionalcode regionfree
Auflösung / Hertz 60 fps
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2018-01-19
Vermarkter Capcom
Wertung 7.9
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