Ohne großen Schnick Schnack mache ich mich ans Werk. Oder besser ans Tutorial. Aber wozu? Schließlich habe ich mich in meiner langen Gamerkarriere durch so ziemlich alle Varianten von Racern geschlagen, Arcade und Simulation, Driftrennen und Open World. Mal in feinster, moderner Grafikpracht, oder in althergebrachtem pseudo 3D. Top Down nicht vergessen! Selbst LKWs bin ich dank Big Mutha Trucker bereits gefahren.
Doch MudRunners ist, wie ich schon im Tutorial feststelle, anders. Vor allem ist es eines nicht: ein Racer. Gemächlich setzt sich die schwere Maschine in Gang. Selbst der kleine Jeep braucht ewig bis er rollt. Was auch nur dann geschieht, wenn ich zunächst manuell die Handbremse löse. Noch besser (flotter) wird es, wenn man Allrad Antrieb und die Differenzialsperre aktiviert. Doch selbst dann zuckel ich nur langsam über die Straße. Mein Gefährt wankt und schlägt bei nahezu jedem kleinen Lenkeinschlag aus. Schon kurz darauf ist trotz all der Technik kein Weiterkommen möglich. Doch halt! Mein Fahrzeug verfügt über eine Seilwinde. Ein bisschen fühle ich mich wie James Bond. Ohne auszusteigen schieße ich das Teil gekonnt an den nächsten Baum. Ein Druck auf Y- sowie das gleichzeitige Betätigen des virtuellen Gaspedals, schon setze ich mich wieder in Bewegung. Aber nur kurz. Der angepeilte Baum fällt um. Die Last war zu Groß. Beim nächsten Mal, ziele ich auf einen größeren Vertreter und siehe da, es klappt. Nach ca. einer Minute rolle ich über einen halbwegs trockenen Weg.
Weiter geht’s zur Tankstelle. Denn die Kisten brauchen enorm viel Sprit. Vor allem dann, wenn man wie ich ständig am Gegenlenken ist und im Matsch versinkt. Danach fahre ich weiter zur Holzverladestelle. Aufladen und ab zum Sägewerk. Ok, verstanden. Kein Rasen, ackern!
Nach ca. 15 bis 20 Minuten liegt das Tutorial hinter mir und ich freue mich aufs „freie Spiel“. Los geht’s wieder mit Jeep oder LKW. Ich brettere über die Strecke, entdecke neu Orte und…nein, falsch. Ich schleiche über den Waldweg, versinke alle paar Meter im Schlamm und schon nach kurzer Zeit kommt die Seilwinde zum Einsatz. Quälend langsam wird die Karte Stück für Stück aufgedeckt. Leider hilft diese nur bedingt weiter. Den genauen Wegverlauf zu erkennen, ist schwierig. Eben noch dachte ich, ich folge einer richtigen Straße, da endet diese in einem Fluss oder vor einem Trampelpfad. Dennoch entdecke ich ein paar (wenige) Orte und neue Fahrzeuge. Das Handling dieser, bleibt jedoch nahezu gleich. Schaltet die Karre mal in den dritten Gang, ist das ein kleines Highlight. Nach 2 Stunden „Spiel“ habe ich meine erste Ladung Holz auf dem Hänger....leider kippt mein LKW wenige Minuten später um. Die Ladung ist verloren, mein Fahrzeug muss abgeschleppt werden. Diese oder ähnliche Miseren ziehen sich wie ein roter Faden durch die ersten Stunden.
Spätestens jetzt ist klar: Das bleibt so. Da ändert sich nichts. Das ist eure Aufgabe. Denn MudRunners ist durch und durch eine Simulation. Zwar erhebt sie nie den Anspruch 100%-tig realistisch zu sein, doch man versucht es. Erleichterungen wie Fahrhilfen oder ähnliches? Gibt es nicht. Zwar könnt ihr auf der Karte Wegpunkte setzen, eine Fahrroute bekommt ihr aber nicht angezeigt. Der Richtungspfeil schickt euch unter Umständen quer durch den Wald. Auf MudRunners muss man sich einlassen. Einarbeiten und viel Zeit investieren. Zudem muss man ein Faible für die Materie haben.
Problematischer ist da die technische Umsetzung. Auf den ersten Blick schaut die getestete XBO Version nett aus. Schöne Waldlandschaften und ansprechende Fahrzeugmodelle werden geboten. Überwiegend in braunen, grauen und grünen Matschtönen. Doch so sieht es in vielen Wäldern, die der Holzgewinnung dienen, tatsächlich aus. Dank Tag/Nachtwechsel gibt es sogar den einen oder anderen schönen Sonnenaufgang zu bewundern. Schaut man genauer hin, stellt man fest: Da ist nicht viel. Die Umgebung setzt sich im Prinzip aus den immer gleichen „Bausteinen“ zusammen. Die Bäume sind sich alle ähnlich und nicht sonderlich detailliert. Abseits von diesen und einer Menge Steinen gibt es ohnehin nichts zu sehen. Zwar sind Vögel zu hören, zu sehen gibt es sie aber ebenso wenig, wie andere Waldbewohner. Tankstelle, Ladestation & Co. werden von Geisterhand bedient. Mein Fahreravatar ist das einzige Lebewesen weit und breit. Und der sitzt ununterbrochen in der Fahrerkabine. Ein sichtbares Schadensmodell der Fahrzeuge sucht ihr ebenso vergebens. Dafür gibt es vereinzelte Popups. Bäume und Felsbrocken verschwinden auch gerne mal teilweise im Fahrzeug.
Die Kamera selbst ist ein bockiges Miststück. Einmal, in seltsamen Winkel, hinter dem Fahrzeug platziert lasst ihr am besten die Finger von ihr. Selbst das schießen von Screenshots entwickelt sich so zur Qual. Die Empfindlichkeit lässt sich im Menü regulieren, ändert jedoch nicht viel. Einmal begonnen, ist man in der Regel nonstop damit beschäftigt, sie so zu positionieren, dass man irgendwie „mehr“ vom Fahrweg sieht. Meist ein hoffnungsloses Unterfangen.
Aber eventuell will auch das nur, in langwieriger Lernphase, gemeistert werden. Denn ein letztes Mal sei gesagt: MudRunners ist eine Simulation. Für viele kein Spiel. Es erinnert eher an Arbeit, denn pure Unterhaltung. Das kann man mögen, oder auch nicht.