Konami hat seit jeher ein Lizenzproblem. Da hilft es auch nicht, dass im neuesten Ableger Ligen wie die Russische oder Schottische komplett lizenziert sind. Und ja, durch die Partnerschaft mit einigen Clubs ist die Atmosphäre großartig, wenn beim Einlaufen an der Anfield Road “You’ll never walk alone” erklingt. Wenn jedoch der FC Barcelona gegen seinen altbekannten Rivalen MD White antritt, dann kann so manchem Fußballfan die Tränen kommen. Immerhin lässt sich durch die Community auf PC und Playstation 4 alles auf einen passablen Stand heben, sodass es bald wieder die ersten Bundesligapatches geben wird. Die sind vor allem für uns deutsche Rasenballsportler wichtig, denn mit Schalke 04 und Bayer Leverkusen haben es erneut nur zwei deutsche Mannschaften in das Spiel geschafft. Hier wurde immerhin die Veltinsarena mit ihrem einzigartigen Spielertunnel eingefangen.
Um den Vorsprung auszunutzen, braucht es also wieder besondere Merkmale. Und auch dieses Jahr sticht PES durch etwas anderes hervor: sein Gameplay. Hier trennt sich bekanntlich die Spreu vom Weizen. Seit Anbeginn der letzten Konsolengeneration streiten sich die Fanlager darum, welches denn nun die bessere Fußballsimulation ist. Ist PES dieses Jahr stärker oder schlechter als Fifa? Lässt sich diese Frage überhaupt noch beantworten? Fest steht, die Ballphysik von Pro Evolution Soccer 2019 ist und bleibt atemberaubend realistisch. Noch nach etlichen Spielstunden entstehen Situationen und Geschichten, die ein real ablaufendes Spiel auf dem grünen Rasen nicht besser schreiben könnte. Dribblings, Pässe, Schüsse und Abpraller. Der Ball kann sich zu jederzeit unberechenbar und doch nachvollziehbar verhalten. Hinzu kommt, dass Konami am generellen Spielablauf weiter gefeilt hat. Es gibt hier und da neue Animationen, ein realistisches Müdigkeitssystem und die Statur und Wendigkeit der Spieler hat mehr Einfluss in den Zweikämpfen. Auf dem Platz fühlt sich PES zu jeder Zeit verdammt gut an, das ist einfach Fußball.
Konami hat zusätzlich noch ein oder zwei Features von EA abgeschaut. So ist es endlich möglich, sich bei einem Einwurf ein paar Meter nach vorne oder zurückzubewegen oder während Spielunterbrechungen einen Schnellwechsel durchzuführen. Hier hat Konami seine Hausaufgaben gemacht. Das Feature, welches in FIFA 18 eingeführt wurde, ermöglichte es dem Spieler, ab einem bestimmten Zeitpunkt einen vorgeschlagenen Wechsel auszuführen. PES geht hier noch einen Schritt weiter. Es ist möglich, durch die gesamte Mannschaft durchzuschalten, um zu sehen, bei wem sich eine Auswechslung lohnen könnte. Man sieht nämlich sowohl die Form als auch die verbleibende Ausdauer der Spieler und kann jeden nach Belieben auswechseln.
Wo wir gerade beim Thema Ausdauer sind. Ich sagte ja bereits, dass Konami ein neues Müdigkeitssystem entwickelt hat. So werden Spieler nicht nur verletzungsanfälliger und langsamer im Vollsprint, sie können teils den Dienst verweigern und aus der Reihe tanzen. Gerade für Taktiker, die z.B. mit einer Abseitsfalle spielen, kann solch ein müder Verteidiger zum Verhängnis werden, da er eventuell nicht mehr richtig mit herausläuft oder Räume geschickt zustellt. Der Powerhaushalt eurer Kicker sollte daher gut gemanagt sein. Alles in allem ist PES dieses Jahre wieder einmal spielerisch eine Wucht.
Nur neben dem Platz sieht es recht mau aus. Das Hauptmenü wurde etwas überarbeitet, das Navigieren durch die Menüs wirkt jedoch immer noch altbacken und weniger Frisch als es in einem FIFA ist. Hinzu gesellen sich die gleichen Spielmodi wie vor 3 oder 4 Jahren. Liga, Pokal, Meisterliga, Werde zur Legende und der UIltimate Team-ähnliche myClub-Modus. Letzterer geht einmal mehr in Richtung FIFA, denn auch hier sehen wir nun Spielerkarten in der Teamauswahl. Trotzdem stagniert Konami in diesem Bereich ebenso, was ich nicht nachvollziehen kann.
Es muss ja kein Story-Modus a la Alex Hunter sein, aber mehr Auswahl in Online-Turnieren, virtuellen Ligen und Pokalen würden dem Spiel gut tun. Die Online-Divisionen zum Beispiel könnten noch etwas ausgereifter sein. Allerdings laufen die Online Partien sehr gut ab, Input-Lags konnte ich bei mir nicht ausmachen. Nur gelegentlich Mikro, beziehungsweise Nano-Ruckler konnte ich feststellen. Die sind jedoch nicht spielspaßmindernd. Interessant wird es hier vielleicht ab dem 20. September. Denn dann startet die neue PES-League in die Saison.
Grafisch macht PES 2019 erneut einen kleinen Sprung nach vorne. Mit 4K-Auflösung und HDR, gepaart mit den neuen Lichteffekten und den Animationen sieht der Konami-Fußball einfach großartig aus. Dynamische Wettereffekte runden das visuelle Bild ab. Vom Sound kann man das jedoch nicht sagen. Nicht nur, dass sich wieder die altbackenen deutschen Sprecher aus dem Vorjahr eingefunden haben, die Abmischung scheint nicht zu stimmen. Der Kommentar ist im Verhältnis zum Spielgeschehen viel zu leise und sollte entweder nachjustiert oder gleich direkt abgeschaltet werden.
Wie sieht das Fazit aus? PES 2019 spielt sich wieder einmal als großartige Fußballsimulation. Fans müssen leider in Sachen Authentizität und dahingehend Atmosphäre Abstriche machen. Eingefleischte Fans freuen sich bestimmt über die sinnvollen Neuerungen. Es bleibt jedoch wie immer abzuwarten, wie sich PES gegen den großen Rivalen durchsetzen wird und ob der Vorsprung von gut einem Monat ausreicht, um Fußballfans zu überzeugen.