Watch Dogs Legion: Wenn man einfach nicht warm wird im Test

Auf nach London! Erleben sie eine malerische Kulisse, voll mit Drohnen, die alles und jeden überwachen. Ignorieren sie die Albion-Wachen, die sind nur zu ihrer Sicherheit da. Und die Proteste der Einheimischen? Nur bloße Show. Hier können sie sich sicher fühlen, denn wir achten auf ihr Wohlbefinden. Ach ja, lassen sie bitte ihre Handys aus, wir haben in der letzten Zeit ein Problem mit Hackern gehabt. Aber das kriegen wir auch noch in den Griff.

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Die Watch Dogs-Reihe und ich, wir wurden selten miteinander warm. Teil 1 war mir im Nachhinein zu sehr ein „Einsamer Rächer“-Spiel, das aus seinem Potential zu wenig machte. Teil 2 war mir dann zu sehr Hippster Humor, wenn auch mit ein paar ernsten Momenten. Trotzdem war ich auf Teil 3 gespannt. Beziehungsweise auf Watch Dogs Legion, wie sich das Game nennt.
 
Es waren vor allem zwei Aspekte, die mich reizten. Einmal das angeteaserte Setting in einem Post brexitähnlichen London. Sowie die Tatsache, dass du jede Menge Leute rekrutieren konntest. Darunter auch eine Killeroma!
 
Jetzt habe ich Watch Dogs Legion lange Zeit in meiner Konsole rotieren lassen. Es war für mich mit ein Grund, mir die Xbox Series X zuzulegen. Und ich muss sagen: Erneut werde ich mit einem Teil der Reihe nicht warm! Ich bin nicht enttäuscht. Nur, Begeisterung sieht anders aus.
 

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Doch der Reihe nach. Im Vergleich zur Xbox One und Xbox One X wurde die Series X-Version vor allem in Sachen Ladezeiten verbessert. Das Spiel lädt häufig, nur, dass diese Zwangspausen längst nicht mehr so nervig auffallen, wie noch bei der auslaufenden Konsolengeneration. Hier hat sich der Kauf der neuen Konsole durchaus gelohnt.
 
Das Game spielt in einem London der nahen Zukunft und damit auch kurz nach Teil 2. Dank des technologischen Fortschritts sind Dinge wie Augmented Reality, Hologramme und autonom fahrende Fahrzeuge allgegenwärtig. Außerdem trägt jeder Bürger ein Smart Phone bei sich. 
 
Du fängst mit einem James Bond-Artigen Szenario an. Du spielst einen DedSec-Agenten, die aus Teil 2 bekannte Hackergruppe, der einen Anschlag auf das britische Parlament verhindern muss. Nach viel Hektik, ein wenig Hacken scheint es so, als ob du erfolgreich bist. Der Geheimagent entschärft die letzte Bombe, nur um dann festzustellen, dass die gegnerische Organisation mit dem Namen Zero Day überall in London weitere Sprengsätze platziert hat. Und die explodieren alle gleichzeitig. Der Agent wird erschossen und die Schuld an den Ereignissen DedSec in die Schuhe geschoben. Die werden fast komplett ausgelöscht. Doch die Anführerin Sabine kann in letzter Sekunde entwischen und aktiviert Jahre später einen Agenten, nämlich dich!
 

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Deine Aufgabe wird es sein, nicht nur DedSecs Unschuld zu beweisen. Sondern ebenso Zero Day sowie dem privaten Sicherheitsunternehmen Albion, die offiziell für Recht und Ordnung sorgen, das Handwerk zu legen. Dabei bewegst du dich durch ein London, in dem die Seitenstraßen und Hintergassen heruntergekommen sind und in die Hände des organisierten Verbrechens gefallen sind. Welches übrigens offiziell ausgelöscht worden ist!
 
Und so wählst du zu Beginn aus einer Gruppe von vorgefertigten Leuten deinen Agenten aus. Die Auswahl ist zufällig generiert. Dabei hat jeder eine bestimmte Biografie sowie vorgegebene Fertigkeiten. So hat einer zum Beispiel ein Auto, ein anderer kann hingegen schneller hacken. Manche haben aber auch zusätzlich negative Aspekte, wie beispielsweise, dass sie Spieler sind, die mit deinem Vermögen zocken. Diese Kurzbios sind eindrucksvoll geschrieben und geben wirklich einen Überblick über das Leben der Spielfigur.
 
Wobei dies im weiteren Verlauf des Games kaum eine Rolle spielt. Denn im Prinzip geht es nur um eins: ums Abarbeiten diverser Missionen, dem Reinwaschen des DedSec-Namens, sowie der Eliminierung von Albion und Zero Day. Deine eigene Bio spielt dabei keine Rolle.
 

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Und hier machte sich bereits die erste Ernüchterung breit. Anstatt sich wirklich explizit mit dem Brexit-Thema zu beschäftigen, wie es der Trailer andeutete, hast du es hier mit einem 08/15-Szenario zu tun. Die Bösen sind in Form von Zero Day sowie Albion eindeutig zu erkennen und Andeutungen bezüglich des Brexits werden nur am Rande angedeutet. 
 
Auch rächt es sich, dass die Spielfigur zufällig generiert ist und ihre Hintergrundstory für das weitere Playthrough keine Rolle spielt. Dadurch wirkt der Charakter austauschbar und beliebig. Ironischerweise ist dies eine Konsequenz des Hauptmerkmals von Watch Dogs Legion, der Rekrutierbarkeit jeglicher Person, der du in London begegnest. Zwar wird hier versucht, mit interessanten Kurzbios zu bestechen, doch es ist wie bei der Hauptfigur: Unterm Strich wirkt dies alles zu seicht und nicht überzeugend.
 
Dabei hat Watch Dogs Legion durchaus positive Aspekte. So macht es jede Menge Spaß, wenn du in ein feindliches Gebäude eindringst und dabei versuchst, nicht erwischt zu werden, so wie gleichzeitig diverse Objekte hackst. So müssen einmal von zwei Personen wichtige Infos von einem Handy gestohlen werden. Du kannst dich direkt zu denen hin schleichen, was angesichts der massiven Wächter und Drohnenanwesenheit keine gute Idee wäre. Ebenso kannst du auch einen Spider-Bot stehlen und so unbemerkt sich heranschleichen. Oder aber, du hackst dich in eine der Kameras, um darüber an die gewünschten Infos zu kommen.
 

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Dies ist noch eines der einfacheren Szenarien. Es geht noch komplexer, etwa, wenn du eine Geisel befreien musst und dabei heimlich persönlich Schalter aktivieren musst. Gegner lassen sich zwar unbemerkt ausschalten. Doch angesichts der Übermacht an Kameras, Drohnen und anderen Wächtern ist dies kein leichtes Unterfangen.
 
Sollte es irgendwann zu einem Gefecht kommen, kannst du nur hoffen, dass es schnell vorbei ist. Denn das Gunplay kann nicht überzeugen. Zu sehr sind die Gegner Kugelschwämme und zu unpräzise und ungenau wirkt hierbei die Steuerung. Daran merkt man, dass das Game vor allem mit Hauptaugenmerk auf Heimlichkeit und Hacking entwickelt wurde. Denn bei diesen Aspekten kann es brillieren, aber nicht, wenn es um Action geht.
 
Um noch mal zurück zum Rekrutieren zu kommen. An und für sich ist dies ein spaßiges Szenario. Du kannst potentielle Leute auf der Straße via Smartphone „scouten“ und sich die anschließend für später speichern. Und sobald du die Möglichkeit hast, weitere Agenten anzuheuern, kannst du diese zurückgelegten aktivieren. Das Anwerben verläuft dann allerdings nach Schema F. Die entsprechenden Leute sind entweder mit dem organisierten Verbrechen oder der Staatsgewalt in Konflikt geraten. Und du sollst sie raushauen. Dabei wirst du meistens von A nach B nach C geschickt, es sei denn, du hast ein bestimmtes Item, das die Schnitzeljagd erheblich abkürzt. Trotzdem nervt diese Vorgehensweise enorm und ist spielspaßtötend.
 

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Nicht, dass der Spielspaß großartig aufkommen kann, angesichts der Tatsache, dass Watch Dogs Legion leider ein typisches Ubisoft Open World-Game ist. Sprich, du „befreist“ Bezirk um Bezirk, wodurch sich auf der Karte jedes Gebiet offenlegt und zig Nebenmissionen sichtbar werden, die du alle absolvieren kannst. Dieses Offenlegen mag bei Assassin’s Creed funktionieren, aber hier stört es.
 
Was auch für eine andere Sache gilt. Denn es gibt im Spiel einen Shop, wo du gegen Realgeld In-Gamewährung kaufen kannst, die du dann unter anderem in Boosts, spezielle Kostüme oder besondere Agenten investieren kannst. Das ist eine Angewohnheit des modernen Ubisofts, die einfach nicht sein muss! Es gibt Leute, die bezahlen bereitwillig über 100€ für Spiel plus Season Pass. Und dann sollen die nochmal Extra zur Kasse gebeten werden, falls sie abkürzen wollen oder exzeptionell schick aussehen wollen? Nein, sorry, das ist Bullshit!
 
Was auch fürs Fahren gilt. Das Game bietet GTA-mäßig die Möglichkeit, jedes Auto zu steuern, dem du begegnest. Einige Vehikel sind autonom fahrend, wo du problemlos das Steuer übernehmen kannst. Andere haben hingegen Fahrer, die du erst GTA-mäßig aus dem Fahrzeug entfernen musst. Manchmal kann es dazu kommen, dass dies dann Albion auf den Plan ruft. Und die gilt es anschließend abzuschütteln.
 

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Doch das Problem ist, dass die Vehikel sich alle ähnlich glatt lenken lassen, wie ein nasser Sack Sand. Die Steuerung ist schwammig und nicht sehr präzise. Du kannst zwar irgendwie steuern. Aber es macht keinen Spaß.
 
Was die Grafik angeht: So hat Watch Dogs Legion durchaus Momente, wo es grandios aussieht. Wo das Wasser richtig schön glänzt und die Fernsicht superb ist! Aber dann merkst du, dass dies alles Schein ist. Sobald du beispielsweise schwimmst, zerbricht die Illusion. Die Wasseroberfläche bleibt bestehen und wie die Spielfigur sich im Wasser bewegt, sieht unnatürlich und nicht sehr überzeugend aus.
 
In Sachen Sound brilliert das Game mit einer Vielzahl an britischen Akzenten. Schon allein deshalb lohnt es sich reinzuhören. Auch die Musik ist gut gelungen. Vor allem, wenn du Auto fährst, gibt es diverse Radiosender zum Auswählen, die eine bunte Vielfalt an Stücken bieten.
 
Leider ist Watch Dogs Legion nicht sehr sauber programmiert worden. Ab und zu hat die KI Aussetzer, wenn auf ein Mal zwei Wachmänner meinen, aufeinander zu steigen. Oder falls jemand, denn du eben befreit hast, sich beim dir nachfolgen so dermaßen dämlich anstellt, dass er bei Hindernissen, die wir noch problemlos überwinden können, einfach stehen bleibt. Auch kann es zu Softlocks kommen, bei denen sich dann herausstellt, dass das Game zuletzt vor einer Stunde automatisch gespeichert hat.
 
Ich befürchte, ich und Watch Dogs, wir werden niemals Freunde. Das Spiel ist nicht schlecht, aber eben auch nicht gut. Es hat Potential, vergeudet es allerdings durch allerlei Fehler. Ob ich mir ein weiteres Watch Dogs angucken werde? Eventuell nur dann, wenn das Game von Grund auf neu designt wird.

 
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5.5 5 Stimmen
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Forum
  • von aldi404:

    Legion ist echt zu meinem Lieblings-Watch Dogs aufgestiegen, knapp 100h bin ich jetzt in London unterwegs gewesen, sogar die Nebenaufgaben wie Poster aufkleben machen Spaß, die Story war okay und es hilft auch, dass jeder mit einem netten britischen Akzent spricht, Bagley ist eh der coolste... ...

  • von aldi404:

    Nach fast einem Jahr Pause bin ich jetzt auch wieder dran, will wenigstens noch die Story beenden. Ohne Game Pass hab ich endlich wieder Zeit für alle meine Retail Spiele.... ...

  • von bbstevieb:

    Ich muss schon dazu sagen dass es bei mir eher ein Watch Dogs spezifisches Problem ist. Deshalb hätte ich nach Teil 2 auch gewarnt sein müssen aber naja die 20€ für die Ultimate waren im Grossen und Ganzen trotzdem OK sonst hätte ich auch Hauptspiel und Bloodline DLC nicht beendet. Sonst...

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