Mario & Sonic bei den Olympischen Winterspielen Sotchi 2014 im Test

Dass ich sowas auf meine alten Tage noch erlebe. Zwei der größten Erzrivalen der Videospielhistorie verbünden sich, um ein gemeinsames Videospiel herauszubringen. Würde ich in das Jahr 1993 zurückreisen und den Sega- und Nintendofans dies erzählen, sie würden es für Blasphemie halten und meine Person auf den Scheiterhaufen verbrennen. Denn wie die meisten wissen, war der Fanclub von Mario und Sonic verfeindet.

Anhänger des Klempners wurden als Kiddies verteufelt, während die Sympathisanten des blauen Igels die Coolen von der Straße zelebrierten. Ach, was habe ich diese Zeit geliebt. Dort waren die Fronten klar verteilt, der Gegner schnell gefunden und ab und zu wurde ein Mega Drive auf dem Friedhof begraben. In 2013 sieht das alles anders aus. Rivalitäten sind vergessen und heute sind wir alle Freunde. Ich muss gestehen, dass mir dieses Gefühl ein bisschen Unbehagen bereitet.

Trotzdem bin ich als alter Nintendo-Soldat zu Friedensgesprächen bereit, wo ich mich reumütig dafür entschuldige, einige Sega-Konsolen aus dem Fenster geworfen zu haben. Als Zeichen guten Willens habe ich mich freiwillig bereit erklärt, auch ein Sega-Game zu testen in der Hoffnung, dass dies besser programmiert wurde als das damals grottige Sonic The Hedgehog für Playstation 3 bzw. Xbox360. Nach intensiver Testsession gestehe ich sogar folgendes: Ich bin begeistert von der Idee, beide Maskottchen in einem offiziellen olympischen Spiel gegeneinander antreten zu lassen. Und was mich noch freudiger stimmt: Die vielen unterschiedlichen Sportarten verkommen nicht zu einem Gefuchtel der Wii-Remotes.

Im Kern bietet Mario & Sonic bei den Olympischen Winterspielen Sotchi 2014 jene Sportdisziplinen, die wir spätestens am siebten Februar 2014 sehen werden, denn dann beginnen die Olympischen Spiele. Ob jetzt im Einzelrennen oder im legendären Showdown, es kämpfen Protagonisten aus beiden Lagern, also Nintendo und Sega, um Goldmedaillen und Rekorde.

Letztere lassen sich sogar online hochladen und können mit allen Spielern verglichen werden. Wieder mit dabei sind auch die Traumdisziplinen, diesmal neun an der Zahl mit wunderlichen Namen, wie "Kugelwillis Schlittenrennen" oder "Schneeball-Getümmel".

In der Charakterauswahl wiederum finden sich 20 Protagonisten aus beiden Lagern wieder. Mit Sonic, Mario, Yoshi, Shadow, Amy und vielen mehr ist für sowohl Sega- wie auch Nintendofans jeder wichtige Charakter vorhanden. Diese sind je nach Disziplin in Kategorien wie Kraft, Alleskönner, Geschwindigkeit und Fertigkeit katalogisiert. Darüber hinaus lassen sich eure selbsterstellten Miis im Auswahlmenü anwählen und gehören zur Klasse der Alleskönner. War ich anfangs noch skeptisch, ob sich nicht erneut eine Minispielsammlung mit wenig Substanz vor mir aufbauen würde, war ich von der Komplexität der Steuerungen positiv überrascht. Vor allen Disziplinen wird anhand eines ausführlichen Tutorials die Materie erklärt, die meistens in unterschiedlichen Punkten unterteilt sind. Wenn das absolviert ist, kann es auch schon losgehen. Ein kleiner Negativpunkt ist hierbei, dass nicht jeder sofort einfach drauflos zocken darf, denn Neulinge müssen sich erst die Lehrstunden anschauen, um auf gleichem Niveau mit dem Computer oder wirklichen Spielern zu sein.

Ein weiterer Punkt, den ich bemängeln möchte, ist die Inkonsequenz, welche Sega an den Tag legt, wenn es darum geht, sich für einen Controller zu entscheiden. Oft habt ihr keine andere Wahl, als immer die Wii-Remote zu nehmen, obwohl der Tablet-Controller das Eingabegerät Nr. 1 auf der Konsole darstellt. So kann es in einigen Sportarten auch sein, dass ihr immer wieder ‚‚On the Fly‘‘ wechselt müsst zwischen beiden Steuerungsarten. Biathlon als Beispiel: Während mit der Wii-Remote die Langlauf-Passagen vollbracht werden, müsst ihr kurz vor dem Schießstand zum Gamepad wechseln, um im Scharfschützenmodus die Ziele zu treffen. Wäre es hier nicht einfacher gewesen alle Aktivitäten des Biathlons auf den Tabletcontroller auszulagern? Zudem wird in Mehrspielersessions anderen Spieler sehr schnell deutlich gemacht, dass sie öfters im Nachteil sind, weil sie kein Gamepad gebrauchen dürfen. Das merkt man in Sportarten, wie zum Beispiel Eishockey, wo Spieler 1 das Gamepad benutzen darf und sich über Analogsticks freut, während die restlichen Mitspieler das Steuerkreuz der Wii-Remote nutzen müssen.

Abgesehen von diesen kleinen Ungereimtheiten spielen sich alle Disziplinen traumhaft. Steuerungstechnisch wird die Bewegungssteuerung perfekt von der Konsole erkannt und punktgenaue Manöver sind kein Problem. So könnt ihr beim Snowboard Riesenslalom millimetergenau die Tore umfahren was immer wieder Zeit gut macht oder beim Eisschnelllaufen die beste Performance aus eurem Sportler holen. Hierbei ein Tipp von meiner Seite:

Mit ein bisschen Übung lassen sich die High Scores von guten Spielern aus aller Welt schlagen. Statistiken und Ranglisten lassen sich in "Mario und Sonic TV" nachschauen. Hier wird auch das Land aufgelistet, für welches ihr aktuell an den Start geht. Um die Motivation weiter hochzuhalten, gibt es 248 Spezialherausforderungen, die Kostüme oder Lieder freischalten. Für Trophyhunters wie mich eine zeitintensive Aufgabe.

Als wirklich große Neuerung gesellt sich endlich ein Onlinemodus hinzu, den Fans schon seit länger Zeit fordern. Doch dieser ist sowohl Fluch wie auch Segen. Wählt man diesen aus, merkt man schnell, dass nur Ski Freestyle Skicross, Snowboardcross, Shorttrack 1000m und Winterwettrennen der Champions zur Auswahl stehen. Wo sind Sportarten wie Curling, Skispringen oder Bobfahren hin? War Sega zu faul, für alle Disziplinen eine Onlineplattform zu schaffen? Jedenfalls ist das Fehlen der anderen Aktivitäten ein großes Minus in dem sonst guten Spielpaket. Was die Verbindungsqualität angeht, konnte ich leider niemanden finden, um diese zu testen, weil zum Testzeitpunkt keine Spieler online waren.

Schaut man sich die Präsentation von Mario & Sonic bei den Olympischen Winterspielen Sotchi 2014 an, könnte man nicht meinen, dass die Sonic- bzw. Mario-Welt jemals verfeindet waren, denn stylistisch passen beide Universen gut zueinander und das wird in dem gemeinsamen Spiel unterstrichen. Natürlich wirkt die Grafik im Vergleich zu seinen Vorgängern dank HD-Konsole viel knackiger und wie aus einem Guss. Das kann man auch vom Soundtrack behaupten, der irgendwie etwas Erhabenes mit sich trägt.