Der 3DO Blaster - ein Selbstexperiment

3DO

der 3DO Blaster

001_3DO_Blaster_komplettPrinzipiell war die Idee gut, wenn sich die 3DO Plattform durchgesetzt hätte. Selbst wenn man kein Konsolenzocker war, konnte man seinen PC aufrüsten und entsprechende Spiele genießen. Die Leistung war jedenfalls ordentlich und der Leistung damaliger Rechner überlegen.
 

Viele 3DO Blaster wurden auch nicht produziert und die Exemplare die z.B. in einem Jahr bei eBay auftauchen, kann man an einer Hand abzählen. Die Preise schwanken stark, von über 100€ (nur die Karte) bis über 500 Pfund (komplettes Gerät mit allem Zubehör in gutem Zustand incl. OVP) ist alles dabei.
 
Warum wurde der 3DO Blaster überhaupt produziert? Eine sehr teure Konsole als PC Steckkarte, immer noch sehr teuer, spricht nicht allzuviele Leute an. Bedenkt man, dass der 3DO sowieso nur schlecht angenommen wurde, man das entsprechende Kleingeld benötigte, einen PC zur Spielekonsole aufrüsten wollte (aber an der nur unwesentlich teureren vollständigen Spielekonsole kein Interesse hatte) und sämtliche obskuren Hard- und Softwarevoraussetzungen erfüllen musste, ist es überhaupt ein Wunder, dass die Karte auf den Markt kam.
 
Wäre die Marktakzeptanz und Publisherunterstützung groß genug gewesen, wäre es durchaus eine Alternative gewesen seinen alten 386er mittels 3DO Blaster zu einer kompetenten Spieleplattform aufzumöbeln - und das für einen Bruchteil des Preises von einem neuen Pentium System. Ich sage mal, bei besserer Softwareunterstützung wäre der 3DO Blaster noch bis Mitte/Ende '96 einem Heim-PC ebenbürtig gewesen. Anfang 1997 kamen dann die 3DFX Karten und spätestens mit dem Pentium II waren selbst PSX und Saturn ab Mitte 1997 abgehängt.
 
016_HardwareinstallationLeistung hat bekanntlich ihren Preis. Aufgrund des Konzepts konnte die Hardware nicht vom Hersteller subventioniert werden, da diese nicht durch Softwareverkäufe profitierten wie es bei traditionellen Konsolen der Fall ist.
 
Dem 3DO Blaster im Speziellen wurde die Plattform PC zum Verhängnis, da er eine sehr spezielle Konfiguration benötigte, die kurze Zeit später kaum noch in einem PC zu finden war. Wer sich 1995 einen neuen PC kaufte und einen 3DO Blaster wollte (oder ein existierendes Exemplar weiter einzusetzen plante), musste unter Umständen schon nach alter Hardware suchen, ein altes Windows bereithalten etc. um die Karte noch einsetzen zu können.

Die Hardwarehürden

Leider lässt sich nicht jedes X-beliebige CD-ROM verwenden, sondern es muss ein ganz bestimmtes Modell sein, welches unter der Bezeichnung CR-563-B läuft und von Matsushita hergestellt und von Panasonic, Creative etc. vertrieben wurde.

 
Das spezielle Creative-CD-Laufwerk für den BlasterWarum muss es dieses spezielle Laufwerk sein? Es enthält dieselben Komponenten wie das Laufwerk der 3DO Konsole und da der Blaster mehr oder weniger 1:1 der Konsole entspricht, benötigt er auch das Laufwerk der Konsole. Daher kommt nur das CR-563-B in Frage. Damals (1993-1994) relativ weit verbreitet (es war ein CD-ROM welches häufig mit SoundBlaster 16 Karten im Bundle geliefert wurde), ist das Double Speed Laufwerk heute nur noch schwer zu bekommen und kann auch mal etwas teurer werden.
 
Nicht nur ist es lediglich ein Double Speed Laufwerk, welches kaum noch für irgendwen interessant ist, es kommt hinzu, dass es weder ATAPI noch IDE oder SCSI kompatibel ist (SATA brauche ich wohl kaum zu erwähnen) und einen eigenen Controller benötigt. Da dieser Panasonic/Creative-eigene Anschluss im normalen PC Betrieb keinerlei Vorteile bot und IDE sich zu dem Zeitpunkt schon durchgesetzt hatte, verschwand die Schnittstelle in der Versenkung und die Laufwerke gleich mit. Der Controller für das Laufwerk ist in der Regel eine Soundkarte. Die SoundBlaster 16 (nicht die Value) und die AWE32 (nicht 32PNP) boten z.B. den gesuchten Anschluss, aber auch der 3DO Blaster hat (glücklicherweise) einen entsprechenden Anschluss.
 
Aber hier hören die speziellen Anforderungen nicht auf. Der 3DO Blaster wird nicht einfach in den PC eingebaut, sondern muss weiterhin auch noch mit 2 Kabeln an die Grafikkarte angeklemmt werden.
 
  • Kabel Nr.1 kennen viele, es handelt sich um ein Loop Kabel welches auch die Voodoo1&2 Karten verwendeten. Hiermit wird das Signal der Grafikkarte über die Zusatzkarte zum Monitor weitergeleitet.
  • Kabel Nr.2 ist etwas spezieller. Es ist ein internes Kabel, welches den 3DO Blaster mit dem VESA Feature Connector der Grafikkarte verbindet. Der FC wurde benutzt wenn Daten zwischen der Grafikkarte und noch einem Gerät ausgetauscht werden mussten ohne dass der Rest des Systems belastet wurde. Man hatte eine höhere Bandbreite als irgendein Bus (VLB, ISA oder PCI) damals bereitstellen konnte, wobei dies nur theoretische Höchstwerte waren die in damaligen Systemen nicht wirklich erreicht werden konnten.
 
Jedenfalls hatten viele, aber nicht alle, Grafikkarten Anfang der 90er (ab Mitte der 90er verschwand der Anschluss bereits wieder) den besagten Vesa Feature Connector.
 
003_Grafikkarte005_Soundkarte006_3DO_blaster_Karte
 
Die Systemleistung des PCs ist für den Betrieb im Großen und Ganzen irrelevant, da die 3DO Blaster Karte wie bereits erwähnt die komplette Konsole enthält und nicht vom PC abhängig ist. Der PC hat lediglich dafür zu sorgen dass Bild und Ton vom Blaster ausgegeben werden.
 
Der fertige Rechner in all seiner PrachtDie Anschlüsse am Slotblech sind für die Grafikkarte, den Monitor und den Controller. Die Batterie hinten in der Ecke dient dem Speichern der Savegames. Wie die 3DO Konsole selbst befindet sich auch auf dem Blaster ein 32KB großer Speicher für diesen Zweck. Den PC als gigantische Memory Card zu verwenden, was sich damals viele als Vorteil erhofften, wurde nicht umgesetzt.
 

Der 3DO Blaster benötigt übrigens den DSP der SoundBlaster gar nicht, da der Sound bereits komplett auf dem 3DO Blaster erzeugt und es einfach alles über den CD-Audio Eingang der SB16 weitergeleitet wird.

 
Die 3DO Lightgun ist (Überraschung) nicht mit dem Blaster kompatibel. Im Handbuch steht auch, dass die 3D Brille ebenfalls nicht kompatibel ist. Zum Glück wurde diese nichtmal für den normalen 3DO veröffentlicht, womit sich der Blaster eine weitere Blamage ersparen kann.
 
Zusammenfassend für alle die sich ein entsprechendes System aufbauen wollen, nochmal die Hardwarevoraussetzungen:
 
  • mindestens ein 386er PC
  • das Mainboard benötigt einen ISA Slot
  • ein CR-563-B CD-ROM Laufwerk (Creative/Panasonic/Matsushita)
  • eine Grafikkarte (PCI/ISA) mit VESA Anschluss
  • eine (ISA) Soundkarte mit analogem CD Audio Eingang (samt passendem Kabel)
  • die 3DO Blaster Karte
  • 3DO Controller
  • diverse Zusatzkabel für die Verbindung von 3DO und Grafikkarte (Looplabel und VESA Kabel)

Die Tücken der Software

Auf der Softwareseite wird zwingend Windows 3.1 bzw. 3.11 benötigt. Windows 95 macht bereits Probleme mit den Treibern. Auch ungünstig, da beim Release des Blasters der Release von Win95 nur noch etwa ein Jahr entfernt lag. Aber lange wurde der Blaster sowieso nicht unterstützt. Ein geplantes FMV Addon-Modul (der Anschluss befindet sich bereits auf der Steckkarte) wurde nie produziert und die 3DO Blaster Software bekam auch nie einen Win9x kompatiblen Release.

 

Setup-Tücken

Hatte man mitte der 90er bereits Standardtreiber für die CD-ROM Laufwerke, benötigt dieses Gerät einen ganz speziellen Treiber, um mit dem 3DO Blaster kommunizieren zu können. Im Betrieb muss nämlich zwischen PC und 3DO umgeschaltet werden können, damit der 3DO Blaster überhaupt die Daten lesen kann. Normale Treiber haben diese Funktion nicht.
 
Ein angeblicher DOS Modus, der bei Wikipedia erwähnt wird, existiert offensichtlich doch nicht und wird weder bei den Treibern noch im Handbuch oder der Software aufgeführt.
 
Auch hier wieder eine Zusammenfassung, was alles benötigt wird:
 
  • MS-DOS mit Windows 3.1 oder 3.11. Windows 95, 98 oder neuer funktionieren nicht
  • 3DO Blaster Software für Windows 3.1
  • DOS Treiber für das CD-563-B Laufwerk
  • Grafikkartentreiber für Windows 3.1. Je nach Modell keineswegs eine Kleinigkeit
  • entsprechende Softwarekenntnisse um Soundkarte, CD-ROM etc. unter DOS konfigurieren zu können
 

Endlich spielen

 
Etwas enttäuscht war ich vom Bild, welches sehr unfein skaliert wurde und damit ziemlich unsauber aussah. Ich vermutete zunächst die etwas altertümliche Grafikkarte, welche lediglich 256 Farben darstellte (bei 800x600) und ich wollte schon einen Ersatz in meinem Fundus suchen. Beim Herumspielen mit den Auflösungen kam ich dann doch kurz bei 640x480@256Farben im 3DO Player an und die Skalierung war perfekt.
 
Merke: Alles über 640x480 macht das Bild vom Blaster hässlich. Selbst im Fenstermodus bei eigentlich nativer Auflösung war das Bild nicht mehr schön und die Kanten verzerrt.
 
Dann war ich allerdings sehr begeistert von der gebotenen Bildqualität, denn anders als beim normalen 3DO wird hier ein feinstes VGA (quasi RGB mit besserer Synchronisation) ausgegeben. Ich vermute dass das Bild sogar einen RGB gemoddeten 3DO übertrumpft, da bei letzterem das Signal nur über Umwege gewonnen wird und VGA ein genaueres Sync Signal liefert. Hurra! Der erste Vorteil vom 3DO Blaster! Perfekte Bildqualität! (Spoiler: Das wird auch der einzige Vorteil bleiben)
 
014_Logo015_Logo_verzerrt

Achja, der beigelegte Creative Controller ist völlig nutzlos. Liegt sehr schlecht in der Hand, die Buttons sind ungünstig angeordnet und etwas zu klein, es ist kein Anschluss für einen 2. Controller vorhanden (Kopfhöhreranschluss und Lautstärkeregler sowieso nicht) aber die Krönung sind die Schultertasten. Schaut euch einfach die Bilder an, absolut gruselig damit z.B. einen Shooter zu zocken in dem diese Buttons zum links/rechts-Strafen benutzt werden. Zum Glück funktionieren herkömmliche 3DO Controller (in meinem Fall war es ein japanischer FZ-1 Controller) einwandfrei.
010_controllerdetail008_Japanische_Spiele
Noch eine Kuriosität, die ich unbedingt testen wollte sind die Japan-only Titel. Der 3DO ist zwar codefree, aber die US/EU Modelle haben keinen Kanji Schriftsatz im ROM, weshalb einige Titel wie z.B. Sword & Sorcery (hierzulande besser bekannt als Lucienne's Quest) nur mit einer japanischen Konsole funktionieren. Das hätte ein weiterer Bonus für den 3DO Blaster sein können, aber leider ist das EU/US ROM auf der Platine und somit verweigert Sword & Sorcery den Dienst.
 
Der 3DO Blaster wurde auch in Japan verkauft. Obwohl die Software für die japanische Variante nur mit DOS/V funktioniert, ist die Hardware (fast) völlig identisch mit der EU/US Karte und funktioniert auch mit dem normalen MS-DOS/Win3.1. Einziger Unterschied: Auf der EU/US Karte ist ein ROM nicht verlötet (unten ziemlich mittig). Auf der JP Karte sitzt hier das ROM mit dem zusätzlichen Kanji Zeichensatz für Spiele wie Sword & Sorcery. Wie bei der Konsole wurde das ROM für den westlichen Markt weggelassen, da man so ein paar Cent an einem Bauteil sparen konnte, welches damals sowieso niemand vermisst hätte. Wer also Zugriff auf die vollständige Spielebibliothek haben will, sollte sich nach der nochmals selteneren japanischen Version des 3DO Blasters umschauen.

 

Fazit

Am Ende bleibt ein sehr fragwürdiges Produkt. In Deutschland ging der Blaster für 799DM über die Ladentheke und das CR-563-B Laufwek schlug zum Release mit lumpigen 299DM zu Buche. Also ein echtes Schnäppchen. Wen Creative als Kunden im Auge hatte ist mir schleierhaft.

Fassen wir zusammen:
 
  • ein Gerät welches reichlich Zusatzhardware benötigt ist teurer als die Standalone Variante
  • der Blaster hat sehr spezielle Anforderungen an die Hard- sowie Software welche allesamt nicht zukunftssicher waren
  • der Benutzer musste sich schon einigermaßen mit dem Rechner auskennen (definitiv weit mehr als heute)

011_KonsolenvergleichWer also zuviel Geld hatte, aber keinen Fernseher, trotzdem NextGen Konsolenspiele zocken wollte und zufällig einen passenden PC zuhause stehen hatte (oder gekauft hat), für den war der 3DO Blaster genau richtig. Kein Wunder dass selbst heute noch komplett neue Exemplare auftauchen. Der Blaster den ich für diesen Artikel eingebaut und getestet habe, war so ein Kandidat. Noch nie eingebaut und völlig unbenutzt.
 
Andererseits gibt es natürlich kaum Produkte die exotischer sind und das Herz eines 3DO interessierten Retro-PC Fans (davon gibts ja nicht viele) höher schlagen lassen. Ein spannendes Experiment ist es in jedem Fall gewesen. Der 3DO Blaster ist eine wirkliche Kuriosität, relativ unbekannt und die Zahl der heute in PCs verbauten und spielfertig eingerichteten 3DO Blaster ist verschwindend gering. Wer also eine Schwäche für exotische Hardware hat und dazu noch fit ist was DOS Rechner angeht, könnte noch etwas Spaß mit dem Ding haben.
 
Es bleibt aber Freakhardware, denn eine normale Konsole ist preiswerter zu bekommen, man muss nicht Jahre suchen bis man ein Exemplar ergattert, die Konsole ist viel einfacher in Betrieb zu nehmen, die Bildqualität ist bereits über S-Video nur unwesentlich schlechter (und selbst mit RGB Umbau sind die Gesamtkosten vermutlich noch geringer), der Controller ist besser, selbst eine japanische Konsole ist leichter aufzutreiben (und bietet dann höhere Kompatibilität), platzsparender, leiser und so weiter.

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Hurra! Jetzt neu: Doom auch am PC! Dank 3DO Power! Für nur 800DM! Ruckelt zwar wie Sau aber endlich! DOOM am PC...wait...what?

Für Retro Zocker, denen es primär um die Spiele geht, ist der 3DO Blaster auf keinen Fall zu empfehlen. Selbst 3DO Fans haben in der Regel nichts von dem Gerät, da der 3DO Blaster gegenüber einer normalen 3DO Konsole, bis auf ein minimal besseres Bild, keinerlei Vorteile bietet. Im Gegenteil, die Nachteile sind erschreckend zahlreich! 
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Forum
  • von NikeX:

    Absolut fantastisch! Der Exot unter den Exoten. Das ist irre, so etwas heute noch lesen zu dürfen. Hat meine Neugierde befriedigt....

  • von Flat Eric:

    Ist klar, finds nur total kultig, weil ich damals in meinem Zimmer nur einen PC hatte und keinen TV un der 3DO Blaster durchaus interessant gewesen wäre (hatte auch ne AWE32). Doch dann 1995 eine Voodoo ins Haus. Trotzdem: So Relikte aus der vergangenen Tagen sind einfach irrsinnig spannend, weil...

  • von Mystery:

    Dankesehr Hat viel länger gedauert als es mir lieb war (vor allem weil das Meiste ja schon im Forum stand), aber am Ende ist der Artikel doch noch fertig geworden. Ich persönlich finde den 3DO Blaster klasse, aber ich hätte Schwierigkeiten das Gerät irgendwem zu empfehlen *g*...

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